
Costa Navarino
Eine Ode (nicht nur) an den Golfsport
Der letzte Sirtaki schien getanzt, das Gläschen Ouzo längst geleert. Das stolze
Griechenland am Boden oder gar in Konkurs, wie es der unerbittliche deutsche
Finanzminister Wolfgang Schäuble verkündete und sich selbst schon als
vermeintlichen Insolvenzverwalter sah. Wir schreiben das Jahr 2007, als für
Vassilis Constantakopoulos sein Plan Gestalt annahm, am südlichen Ende des
Peleponnes ein touristisches Projekt aus dem Boden zu stampfen, wie es der
Mittelmeerraum bisher noch nicht gesehen hatte.
Hinter der gewaltigen Investition von mehreren Milliarden Euro stand die Vision
des furchtlosen Mannes, den sie nur „Capitano“ nannten und der es vom
Schiffsjungen bis zu einem der reichsten Container-Reeder Europas geschafft
hatte, der Welt, sofern sie das nötige Kleingeld hatte, die unversehrte
Schönheit seiner Heimat (die Provinz Messinia) zu zeigen, auf die Schöpfung zu
achten, sowie die Einheimischen zum Bleiben oder gar zur Rückkehr zu bewegen.
Immerhin entstanden einschließlich der Hundertschaft von Greenkeepern mehr als
1.200 neue Arbeitsplätze.
„Dunes Course“
Den
Anfang setzten der von Bernhard Langer gezeichnete „Dunes Course“ mit den
angrenzenden Hotels „The Westin“ und „The Romanos“ auf dem Grund eines
hundertdreißig Hektar großen Küstenstreifens mit Blick auf das ionische Meer.
Der
Deutsche hat hier zusammen mit Ross McMurry vom European Golf Design eine Anlage
gezeichnet, die mit linksähnlichen Elementen, präzisem Gespür für Proportionen
und fabelhafter Weitsicht überzeugt.
Die Löcher „out“, eine Art schwebendes Verfahren, punkten mit herrlich gewellten
Fairways, als sei eine nicht allzu stürmische See trockenen Fußes an Land
geraten, großflächigen Grüns und durchdachten Potbunkern, die dem Links-Gefühl
auf die Sprünge helfen soll.
Nach
der Wende wird der Kurs nahe an die Dünen herangeführt, ohne das ihre sensible
Stellung als ökologische Hüterin seltener Pflanzen und Fauna angetastet wird.
„Garden Course“ würde besser zu dem Platz passen, zumal
Star-Landschaftsarchitekt Jean Mus scheinbar alle Kräuter seiner
südfranzösischen Heimat in die gärtnerische Planung mit einbezogen hat, die sich
wunderbar mit der heimischen Vegetation vermählen.
Es duftet jedenfalls betörend.
Unterwegs ist diese Partie auch ein Gang durch die Geschichte, wenn ich an das
16. Loch denke, übrigens ein herausragendes Par 5 mit Linksschleife und vehement
verteidigtem Grün, wo man beim Bau Zeugnisse aus der Bronzezeit gefunden hat.
Im Grunde eine kleine Siedlung, die vom Klima, dem nahen Meer, sowie dem
Frischwasser des Flüsschen Gelas, das sich kurz blicken lässt, profitierte. Die
noch nicht abgeschlossenen Ausgrabungen, in bester Tradition Heinrich
Schliemanns vom deutschen Jörg Rambach geleitet, werden einst den Weg in ein
dafür eigens noch zu errichteten Museums finden.

„BayCourse“
Mit
Eröffnung des „BayCourse“ heftete sich das Resort einen zweiten Platz ans
Revers. Die Namen gebende, sichelförmige Bucht ist nicht irgendeine.
Sie war Bühne des wichtigsten Sieges der Hellenen im Freiheitskampf: im Jahr
1827 versenkte eine Allianz europäischer Kriegsflotten das türkisch-ägyptische
Geschwader, beschleunigte dadurch das Ende des Osmanischen Reiches und verhalf
Griechenland in der Folge zur Unabhängigkeit. Auslöser des Gefechts war übrigens
ein unbeabsichtigter Kanonenschuss.
Die Runde hat den Ort des Geschehens fast durchweg im Blick, dazu die
vorgelagerte Insel Sfaktiria, die nahezu perfekte Rundung des Strandes
Voidokilia, die als schönste des ganzen Landes gehandelt wird und gleicht dem
letzten Buchstaben des griechischen Alphabetes „omega“.
Ein Blick, der in der Erinnerung bleiben wird. Als ob das nicht schon genug
wäre, unterbricht ein natürlicher Steindamm den Meeresarm und schafft so die
Lagune von Giálova, die südlichste Station auf dem Balkan für Zugvögel auf dem
Weg von und nach Afrika.
Etwa 260 (!) Vogelarten kann man hier beobachten.
>Robert
Trent Jones jr. hat die Runde orchestriert und es gibt Golfer, die bei Nennung
seines Namens Reißaus nehmen. Zusammen mit seinem Vater gilt er doch als
Begründer eines unorthodoxen Avantgardismus der Platzarchitektur, dem es fern
liegt, den Akteur auf gewohnten Design-Zitaten abzuholen.
Provokation
statt Routine, Überambition statt Plausibilität, insbesondere auf den Grüns, das
sind die wesentlichen Zutaten aus seinem Werkzeugkasten.
Nicht so hier oberhalb der „Bay“. Sei es dem Respekt vor der Geschichte
geschuldet oder dem Bilderreichtum unterwegs, die Runde wird dirigiert mit
dichtem Anschluss an die Szenerie, feinsten Akzenten (Hole 15 und 16) und groß
möglichster Transparenz. Es gibt keine blinden Stellen, dafür reichlich offene
Problemzone und die Hindernisse sind so gelegt, dass sie gutes Golf nicht
beeinflussen.
Ein unvergleichlicher Sound liegt über der Partie, die sich zunächst zwar dem
Seesaum zuwendet, alsbald aber die höheren Etagen des Navarino Hill erklimmt.
Den Scheitelpunkt des Adrenalinspiegels dürfte man allerdings mit dem 7. Loch
erreicht haben, ein mittellanges Par 4 inmitten der Bergwelt.
Über mehrere Geländestufen hinweg gleitet die Sicht in die von Olivenhainen
besetzte Ebene (die Provinz zählt annähernd drei Millionen Ölbäume) und bleibt
erst am bis ins späte Frühjahr hinein schneebedeckten Taigetos Gebirge unweit
von Kalamata hängen.
Auffallend
kurze aber durchaus anspruchsvolle Par 3 (Holes Nr. 10 und 11) sind in dieser
bergigen Spielsequenz untergebracht, in der man tritt-und ballsicher agieren
sollte.
Wiederum bietet die Kulisse den höchsten Anreiz und wer genau hinschaut,
erblickt auf den markanten Bergspitzen von St. Elias im Rücken und St. Nikolao
westlich kleinere Kapellen, zu denen die Einheimischen jeweils am 8.Mai bzw. 20
Juli pilgern.
Zu meinem Entzücken erfuhr ich, dass der Zement für die Errichtung der Kapelle
St. Nikolao aus Dankbarkeit nicht mit Wasser, sondern mit Wein gemischt wurde.
Hier könnte man länger als erlaubt verweilen, was scheinbar auch der mykenische
König Nestor tat, der gerne in der oberhalb gelegenen Burg Paleókastro – heute
eine Ruine – verweilte. Ein weiteres, köstliches Par 3 erwartet den Besucher am
16. Loch, das dem See Saum, den wir am 15. Grün wieder erreicht haben, passgenau
folgt. Respekt verlangt das kürzeste Par 4 . Das 17., weniger als dreihundert
Meter lang, ist der Strandlinie abgetrotzt, verzeiht nicht den geringsten Slice
und hat seit dieser Saison auch noch einen veritablen Approach-Bunker verpasst
bekommen.
 Kaum
überraschend, dass ein ziemlich schniekes Clubhaus mit ausgezeichnetem
Restaurant den Akteur in Panoramalage erwartet.
Zur Freude der Investoren und Gäste mutiert der Navarino Mountain ausgerechnet
in Gipfellage zu einem weich gewellten Hochplateau. Diese Chance, aus dem ganzen
Füllhorn der Geologie zu schöpfen, hat man sich nicht entgehen lassen, um gleich
zwei veritable Championchip Courses zu etablieren, die dem unglaublichen
sportliche Angebot des Resorts neue Dimensionen eröffnete und seit Herbst 2022
bespielbar sind.

„The Hills Course“ und „The Olympic Academy Golf Course“
„The Hills Course“ und „The Olympic Academy Golf Course“, soeben von GOLF DIGEST
zum weltweit besten New Golf Course gekrönt, stammen aus der Feder von José
María Olazábal. Der zweifache „Master“ Sieger und Ryder Cup Legende gilt in
seiner Gilde als „Grüner“. Hier haben sich also Zwei gefunden, obgleich
Etikettierungen angesichts des Resultates nichts mehr verloren haben.
Gewiss
hat man dem Spanier zu verstehen gegeben, die Anlage, die fast ausschließlich
von Urlaubern lebt, so zu konzipieren, dass sie nicht zur Demütigung der Gäste
gerät.
Trotz ausladender Fairways darf man die Partie dennoch nicht auf die leichte
Schulter nehmen. Harmonisch eingefügt in das typische Weichbild der messinischen
Provinz und mit Respekt vor der ikonograpfischen Kulisse appelliert sie mit
selbstbewussten Bunkern, schwer zu lesenden Grüns und anspruchsvollen
Schräglagen unverblümt an den Sportsgeist der Gäste.
Die ersten Löcher kommen scheinbar schwerelos und flüssig daher. Aber schon am
4. Loch, auf dem Scheitel der Hochebene thronend und daher windanfällig, erst
recht am 5., wo man einen antiken Wall zu klären hat, kommt das Geschehen auf
den Punkt.
Maßlose
Fernblicke auf der Strecke 6 bis 10 sind nicht grade förderlich für die
Konzentration, die am 11 Hole bitter nötig ist: ein Baumsolitär hat sich
inmitten der Spielbahn breit gemacht, während seitlich links ein gähnender
Graben die Spielbahn im Drive-Bereich einengt. Eine weitere Kluft muss am 15.
überspielt werden, während das 17. Loch mehr Sand als Grünfläche aufweist.
„Hills“ teilt sich das architektonisch eindrucksvolle Clubhaus, von dessen
Terrasse das Auge sich gar nicht sattsehen kann an der Phantasie der Natur, mit
dem „International Olympic Academy Course“.

Hinter dieser ambitionierten Adresse verbirgt sich aus meiner Sicht das
Highlight der gesamten Golfdomäne. Ich meine damit die planvolle
Rhythmisierung der Partie, ihre raumbeherrschendes Ereignisse auf den Löchern 6
und 10, vor allem aber die Strecke 12 bis 18, die der Kammlinie folgt und die
schon erwähnte ungestüme Sichthierarchie repetiert. Zwei Par 3 (das 12. und 15.
Loch) sind in diesem Abschnitt untergebracht, Löcher wie Adlerhorste, bereit zum
Sprung in die Tiefe. Eingerahmt werden die Puttflächen von schneeweißem Gestein,
in dem es wie verrückt blüht. Wundersame Verzichtskünstler gehen hier zu Werke.
Nach einem mittellangen Par 4 als Finale fällt der Vorhang dieses göttlichen
Spektakels.
Die Unterkünfte
Die
Unterkünfte in Costa Navarino stehen dem sportlichen Angebot nicht nach. Zwar
verfügen die sich im Haupttrakt befindlichen Hotels „The Westin“ und „The
Romanos“ über insgesamt 762 Zimmern, Suiten und Villen, zum Teil mit privaten
Infinitive-Pools.
Aber
nie kommt der Eindruck auf, sich in eine Art Massentourismus verirrt zu haben.
Eingebettet in die veritable Gartenanlage mit über dreitausend verschiedenen
Sträuchern und Kräutern
erinnert die Domäne eher an eine botanische „Intensivstation“. Helle Farben und
Naturmaterialien wurden innen wie außen verwendet. Alles ordnet sich der Natur
unter.
Alles folgte den strikten Anweisungen des „Capitano“, der bereits 1979, als
Umweltschutz hierzulande noch ein Fremdwort war, die HELMEPA (Hellenic Marine
Envirourment Protection Association) gründete und ihr bis zu seinem Tode (2010)
vorstand.
Auch
der Service ist schwer zu überbieten.
Hier nur ein Beispiel: damit die werten Gäste bei ihren Mahlzeiten auf der
Terrasse nicht von den zahlreichen Spatzen gestört werden, hat man eigens
Martina eingestellt.
Wenn sie mit ihrem dressierten Bussard auf dem Unterarm erscheint, nehmen alle
Kleinvögel augenblicklich Reißaus (Foto rechts).
Unnötig
zu erwähnen, dass zahlreiche Restaurants zur Verfügung stehen, ein von antiken
Gesundheitspraktiken inspirierte Anazoe Spa die geplagte Golfer- Muskulatur
wieder in Schwung bringt und der Kilometer weite Privatstrand mit Beach-Grill
für Entspannung sorgt.
Die nächste Rakete wurde gezündet mit dem im Frühjahr geöffneten „W“ Beach
Hotel.
Auf 12.000 Hektar tauchen Gäste mit hochwertigen Materialien, durchdachter
Einrichtung und exellentem Komfort in eine exclusive Atmosphäre ein.
Eine „Agora“, der typische Versammlungsort in der Antike, bereichern das Angebot
mit Geschäften, Open Air Cinema und zahlreichen Restaurants. Zeitgenössische
Kunst ist mit Arbeiten des gefeierten Xenia Georgiadou überall zu besichtigen.

Für die Saison 2024 wird die feine Hotel-Gruppe „Mandarin Oriental“ ihren Anker
an der Navarino Bay auslegen.
Achtundvierzig Bungalows und einundfünfzig Suiten, nahezu unsichtbar mit
begrünten Dächern in den Hang geschnitten, entsprechen dem
Nachhaltigkeitsanspruch der Halbinsel und rauben ihr nicht die Würde.

Luxuriöse Privatsphäre wird garantiert, falls Christiano Ronaldo oder der Fürst
von Monaco, Stammgäste des Resorts, hier wieder einmal vorbeischauen.
Soeben ist CN von dem führenden Fachmagazin „Golf World“ zur Golf-Destination
Nr. 1 gewählt worden. Mehr geht nicht. Darauf ein letzter Ouzo!
Info:
Direktflüge von den meisten deutschen Flughäfen und Zürich nach Kalamata. Am
besten bucht man den Aufenthalt über einen Veranstalter.
Hier kann ich wir GOLF-EXTRA (www.golf-extra.com) empfehlen, eine Marke der EMU
exclusive travel GmbH. Die Heilbronner feiern dieses Jahr ihr 25 jähriges
Jubiläum und sind weltweit für Premium-Golfreisen unterwegs mit Schwerpunkt
gesamter Mittelmeerraum.
Die Reise wird nach persönlichen Wünschen erstellt. Flug, Startzeiten, Shuttle,
selbst Tischreservierungen, alles wird passend vorbereitet und klappt sehr gut.
Als Repräsentant vor Ort kümmert sich Petros Tourgaidis, der einige Jahre als
Fußballprofi in Köln gelebt hat, um ihr Anliegen.
Ein Tipp zuletzt:
Probieren Sie die hauseigenen Produkte oder nehmen sie als Erinnerung mit nach
Hause: den trocken-fruchtigen Weißwein „1827“, das weltberühmte Kalamata
Olivenöl, den besonderen Honig, sowie köstlichen Schafskäse.
Text: Hans-Joachim Walter
Bilder: Golf Navarino und von dort
beauftragten Fotografen u.a. Jacob Sjoman
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